Emanzipation bedeutet der Weg aus der Abhängigkeit in die Mündigkeit oder in die Gleichberechtigung und gehört zu den natürlichen Bestrebungen eines jeden Menschen. In einer Gesellschaft können Gesetze zwar die Emanzipation – z.B. einer bestimmten Gruppe – innerhalb rechtlicher Strukturen erzwingen; aber ihre Verwirklichung erfolgt ausschließlich durch die kulturellen Institutionen dieser Gemeinschaft. Dabei ist folgendes zu bedenken: –
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Die Grundrechte einer menschlichen Gemeinschaft entstanden aus deren kulturellen Institutionen und Traditionen, nicht umgekehrt.
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Es liegt in der Natur moderner gesetzgebender Organe, ihre Bestimmungen so zu formulieren, dass diese – auf den ersten Blick – durch ihre populistischen Prädikate allgemein begrüßt werden. Jedoch in ihren Details und Art und Weise ihrer Ausführungen, stecken eingebaute Hintertüren oder Schwächen, welche eine wirkungsvolle Anwendung schon zu Beginn entweder pervertieren, verhindern – oder sogar ins Gegenteil umkehren.
Eine ähnliche Dynamik lässt sich grundsätzlich bei den meisten Sozial-Gesetzen aller Gesellschaften seit der Zeit der Aufklärung erkennen. In der BRD sind die Hartz IV-Bestimmungen, Integrationsgesetze und Frauenquoten gute Beispiele durch die man ein bestimmtes gesellschaftliches Verhalten erzwingen will, das sich aber noch im Widerspruch gegen die bestehenden kulturellen Institutionen befindet. Die Institution der politischen Korrektheit (wie wir sie heute verstehen) entstand in den späten 60er Jahren und sollte überlieferte und konservative Traditionen neutralisieren („...unter den Talaren, der Muff von tausend Jahren“). Besonders die kommunistischen Systeme zeig[t]en jedoch deutlich, dass sich überlieferte Kulturen nur bis zu einem sehr begrenzten Umfang durch pragmatische künstliche Konstrukte ersetzen lassen – der enorme staatliche Aufwand und gesellschaftliche Schaden standen/stehen in keinem Verhältnis zu den Resultaten.
Die deutsche Politik sieht in den kulturellen Institutionen hauptsächlich Hindernisse auf ihrem Weg zur vollständigen Aufgabe nationaler Souveränität und der kompletten Entmündigung ihrer rational denkenden Bürger. Eine starke Kultur, tief-wurzelnde Traditionen, nationales Bewusstsein und Identität (z.B. wie in China oder Japan) und die Tugenden der Vernunft und Verantwortung – alles dies soll geschwächt oder gar eliminiert werden. Will man Ziele verfolgen die einer NWO (hier nicht im Sinne einer Verschwörung) dienen, könnte selbst der gesunde Menschenverstand eines einfachen Bergbauern möglicherweise zur Bedrohung dieses schleichenden Systemwandels werden. Also wird weiter aufgeteilt, und gespalten; Gruppen oder einzelne Repräsentanten der Vernunft werden verunglimpft, entsprechend etikettiert, in (meist ‚rechte‚) Schubladen verbannt und durch die Medien niedergemacht.
Dem Staat ist jeder auch noch so schräge Aktivismus, jede noch so unverschämte Forderung einer Minderheit willkommen – solange dies die Mehrheit schwächt und ihren Willen verschleiert. Sozialaktivismus, Kernkraftgegner, Öko-Bio-Prediger, Planeten-Retter und pathologische Gleichmacher, sie alle lassen sich von dem System einspannen, das sie zu bekämpfen vorgeben. Selbst Organe der staatlichen Sicherheit werden bewusst unterminiert. Die Bundeswehr macht man eher vom staatlichen Heroin der sozialen Zuwendungen abhängig, bevor man sich auf ihre geschworene Loyalität verlässt. Im ersten Moment erscheint dies widersinnig. Regiert man aber erst einmal eine Nation ohne kulturelle Gemeinsamkeiten, aufgeteilt in zahllose Interessengruppen und größtenteils zu keinen rationalen Abstraktionen mehr fähig, braucht es zum inneren Schutz auch keine große martialische Ordnungsmacht mehr; da reicht zur Kontrolle ein umfassender Überwachungssapparat.
Für alle menschlichen Kulturen ist die Sprache die wichtigste Institution. Da diese erst das Denken ermöglicht, bedingt jede erfolgreiche Steuerung der Gesellschaft zunächst die Beeinflussung ihrer Sprache. Umfassende Begriffsklempnerei führte zur Obfuskation von bisher klar und allgemeinverständlichen Bedeutungen. Mit einem gewissen Erfolg hat man den Bürger schon über seine ontologischen Werkzeuge verunsichert: Wahrheit, Realität und Gewissheit bieten scheinbar nicht mehr dieselben Inhalte wie noch im 20.Jahrhundert. Gedankliche Verunsicherung alleine reicht aber nicht aus – zentrale Begriffe des konzeptuellen Denkvorgangs müssen nachhaltig kontaminiert werden, um ihren Gebrauch in rationalen Argumenten zu stigmatisieren. Das Wirkungsvollste und einfachste Agens hierfür ist die ‚Nazifizierung‘ von Worten und Redewendungen.
Durch das Adjektiv ’sozial‘ erhält ein anfangs neutraler Ausdruck eine fürsorgliche Qualität. Innerhalb der linguistischen Demarkation des Guten liegen z.B. die Worte ‚erneuerbar‘ und ‚umweltgerecht‘ für das Materielle und ‚inklusiv‘ und ‚gleichberechtigt‘ für das Menschliche. Durch ihren Ursprung alleine – gewissermaßen ‚geboren aus dem Schoß des wahren humanitären Mitgefühls‘ – gewinnen die neuen Begriffs-Formeln ihre Unangreifbarkeit. Schwachsinnige Konzepte werden zu ökonomischen und ökologischen Tatsachen gekrönt und berechtigen ihre Benutzer zu einem Sitz auf dem moralischen Olymp – rein durch die vermeintlichen ‚Prädikate der Moralität‘, aber im Gegensatz zu rationaler Vernunft und Wissenschaft.
Nehmen wir ein Beispiel:
„Erneuerbare Energien“. Ein ungeheuerlicher Verrat an den Grundpfeilern der Physik, nämlich der Thermodynamik und dem Gesetz zur Erhaltung der Energie – und nicht zuletzt an der Vernunft. Obwohl jeder normal gebildete Mensch weiß, dass sich Energie nur umsetzen lässt und deshalb auch nicht erneuerbar ist, nutzt er eifrig diese Phrase – einfach deswegen, weil er konditioniert wurde, den Begriff ‚erneuerbar‚ als eine allgemein akzeptierte und vor allem gute und umweltfreundliche Lösung zu identifizieren. Die Kernkraft hatte schon seit Anfang ihre Gegner. (Wäre die Atomkraft während der NS-Zeit ein Faktor gewesen – schaudern – käme unser Strom seit Kriegsende wahrscheinlich nur aus Dampfmaschinen und Biomasse). Nach einer kolossalen Fehlplanung eines Kraftwerkbetreibers in Japan, haben es die Atomkraftgegner sogar über Nacht geschafft, von einem hysterischen Haufen chaotischer Esoteriker zu seriösen, wissenschaftlich fundierten Energie-Strategen aufzusteigen.
Die Atomkraft liefert die natürlichste, ursprünglichste und sauberste Energie, die das Universum seinen Bewohnern bieten kann – der Kosmos selbst ist das Resultat kernphysikalischer Energie – für die Gläubigen unter den Lesern, gewissermaßen ein Geschenk der Götter. Nach rund 70 Jahren intensivster globaler Forschung einer wissenschaftlichen Elite, 50 Jahre praktischer Erfahrungen, zig-Milliarden Euro an Investitionen und weltweit 500 Anlagen in Betrieb (teilweise auch seit einem halben Jahrhundert unproblematischer Netzspeisung), könnten die Bürger endlich von der billigsten und saubersten Energieversorgung profitieren – wäre es nicht für die ewige und verdammte scheinheilige Selbstbeweihräucherung der Deutschen. Als ein Treppenwitz der Geschichte wird es später erscheinen, dass ausgerechnet die mächtigste Physikerin der Welt – Kanzlerin einer der fortschrittlichsten und größten Industrienation, in der – mittelalterlichen aber vermeintlich ‚harmlosen‘ – Windmühle den Heiligen Gral der Energieumwandlung erkannte.
Der frühzeitige Jubel ist inzwischen etwas abgeflaut. Diese monströsen Landschaftsverschandler wurden schon bei ihrer Konzeption – also ohne langzeitliche Erfahrungswerte, ohne Pläne über eine eventuelle Entsorgung, also Fragen, die z.B. bei der Atomkraft sofort hitzige Diskussion auslösten – als „total unbedenklich“ gefeiert. Abgesehen von den wahnwitzigen und unwirtschaftlichen Zusatzkosten, besonders der Verbindungstrassen und ihrer Wartung addieren sich erhebliche Verluste von Natur und Schädigungen des Wild- und Forstbestands. Probleme der Endlagerung von Atommüll ist ein Hauptargument der Kernkraftgegner, bei Windturbinen wird die Entsorgung ausgedienter Anlage elegant ignoriert (siehe dazu Recycling von GRP, des Baumaterials von Windturbinen:http://www.reinforcedplastics.com/view/33969/recycling-glass-fibre-reinforced-composites-history-and-progress-part-1/ ).
Nicht zuletzt, enthält eine moderne 5 MW-Turbine bis zu 4 Tonnen(!) seltene Erden. Wenn Sie sich erinnern: Dies sind dieselben Rohstoffe, bei denen die westliche Welt total von China abhängt; dieselben hoch-toxischen Metalle, deren Erze von armen, barfüßigen Kinder-Sklaven mit bloßen Händen aus den Böden der genauso armen Provinzen Chinas gekratzt werden, riesige Krater in der Erdoberfläche hinterlassen und im 10-Kilometer-Radius die Umwelt verseuchen. (Ein Lieblingsthema derselben kompulsiven antikapitalistischen Kreuzritter und Smartphone-Besitzer, die auch für den Umweltschutz, die Menschenrechte und gegen die Ausbeutung der Rohstoffe kämpfen.)
Das Hauptthema ist hier aber keine Umweltdebatte, sondern die besondere Bereitschaft der Deutschen, ihre Kultur und natürlichen, moralischen Instinkte zu verleugnen. Sie verhalten sich eher schwachsinnig, als Gefahr zu laufen, dass ihre Vernunft sie in die Gefilde des Egoismus oder sogar geächteter geschichtlicher oder ethischer Zweifel führen könnte. Der „David Garett der deutschen Philosophie“, Pseudo-Denker Richard D. Precht benötigt 500 Seiten um in seinem neuen Werk „Die Kunst kein Egoist zu sein“, dem BRD-Leser das Primat der sozialen Verantwortung zu verkaufen.
Energiewende, unbedingtes Mindesteinkommen, unbeschränkte Aufnahme von Fachkräften aus Rumänien und Krisengebieten („wir sind ein reiches Land und brauchen ausgebildetes Personal“), Erderwärmung und Klimawandel (Steuern für furzende Schafe und rülpsende Kühe), Biokost (endlich kein Obst und Gemüse mehr aus Kunststoff), Homo-Adoption (eine Familie ist, was ich sage eine Familie ist), kostenpflichtige Einkaufstüten (Verpackungsmaterial, welches vom Anbieter schon im Warenpreis kalkuliert wurde, wird nochmals berechnet – d.h., Abfall wird teurer). Wenn es erscheint, als wären dies doch alles recht ‚vernünftige‘ Dinge, dann hat es Ihr Staat beinahe geschafft.
Bürger mit eigenen Moralvorstellungen und Wertesysteme sind eine potentielle Gefährdung der staatlichen Autorität. Also wird eine Ersatz-Moralität mit vereinfachter Gebrauchsanleitung angeboten. Dies geschieht durch Gesetze, welche dem Bürger das Denken und eigene moralische Abwägungen ersparen – wie im Falle Edathy; der sich moralisch nichts vorzuwerfen hat… weil er ja keine Gesetze brach(!) Weiterhin ermöglicht die Propagierung ‚guter‘, also politisch korrekter Begriffe eine scheinbar moralisch hochwertige Lebensweise, durch bloßes mehrmaliges tägliches Rezitieren des Mantras „soziale Gerechtigkeit“.
Mit dieser vereinfachten Moralfindung werden komplizierte philosophische Überlegungen und zeitraubende konzeptuelle Denkprozesse endlich überflüssig. Mangelhafte Bildungsstrukturen begünstigen einen niedrigen Standard des Sprachgebrauchs und die Medien fördern eine allgemeine Akzeptanz der Ausdrucksschwäche. Solche Leute lassen sich von einer rhetorischen Elite leicht in die pragmatische Bejahung treiben. Zusammen mit den gegeißelten, unterprivilegierten und diskriminierten Minderheiten, wird endlich auch der Schwachsinn nicht mehr diskriminiert.
Obst und Gemüse aus Plastik gammeln aber nicht so schnell!
Vielen Dank, alphachamber, Ihr Artikel trifft ins Schwarze.
Hallo, ich bedanke mich für Ihren unterstützenden Kommentar.
Nette Grüße
P. S.
Womit ich keineswegs das Schwarze unter meinen Fingernägeln meine, welches lediglich auf den ersten Blick beeindruckt.
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Was den Angriff auf unsere Begriffswelten angeht: dakor.
Was aber die Atomkraft angeht, so ist diese, die wir nutzen eben nicht natürlich, denn verstrahlt sie die Umwelt und tötet alles, was Leben heißt.
Und wirtschaftlich ist sie schon gar nicht. Der Müll strahlt über tausende von Jahren. Die Entsorgung über diese Jahre ist nicht in die Wirtschaftlichkeitskalkulation eingegangen.
Und was die Sicherheit betrifft: Warum versichert kein Unternehmen ein AKW? Die wissen sehr genau, warum.
Lieber Herr Bartonitz, vielen Dank für Ihren Kommentar.
Atomkraft: Es soll als Beispiel populistischen Schwachsinns dienen, und erhebt nicht den Anspruch einer tieferen Abhandlung dieses Themas – trotzdem stehe ich hinter den Argumenten.
Grundsätzlich ist nichts „natürlich“, was einmal durch menschliche Hände geht; der Mensch kann kein natürliches Gleichgewicht erstellen. Er kann es erhalten, oder (wie meistens) zerstören. Allerdings: Die Atomkraft ist das Paradigma menschlichen Verstandes und Produktivität. Die Erforschung dieser Kräfte bringt uns so nahe wie nichts anderes an die Antworten unseren Ursprungs. In diesem Sinne ist das Abbrechen der atomaren Forschung und Entwicklung eine unakzeptale, irrationale und unverantwortliche politische Entscheidung.
Weltweit laufen über 400 Reaktoren, ohne die hunderten auf Schiffen und U-Booten, dass gerade zu deren Sicherheit die Entwicklung weitergehen sollte. Kostenweise liegen Sie aus einigen Gründen falsch, z.B. würde Energie sonst teurer? Das Abschalten eines Reaktors ist erheblich teurer als das Weiterfahren und die Endlagerung wird dadurch nicht gelöst. Wer hätte jetzt auch noch finanzielles Interesse an diesem Problem – außer der Steuerzahler; der wird jetzt doppelt belastet. Aber das war nicht mein syllogistischer Kern.
Freundliche Grüße