BEN UND DER LÖWE (Die Gerechtigkeits-Fabel)

Der Ausgang ist verblüffend genial und bietet vielleicht auch Lösungen für die Politik.

Ein Junge namens Ben entdeckte einen engen Käfig, in dem ein alter Löwe eingesperrt war, und der verzweifelt brüllte.
Ben verspürte Mitleid und wollte dem Tier helfen – aber es war niemand zu sehen. So schob er den schweren Riegel zurück und flüsterte: „Los, lauf weg, schnell!“
Doch der Löwe sprang ihn an und drohte: „Erst werd‘ ich dich auffressen, ich habe großen Hunger.“ Ben schrie entsetzt: „Ist das dein Dank, dass ich dich befreite?!“
Ein Elefant kam hinzu und wollte wissen, was es mit dem Radau auf sich hat. Ben erhoffte sich Beistand und erzählte ihm, dass er den Löwen gerade befreit hat und dieser ihn dafür auffressen will: „Ist das etwa gerecht?“ Der Löwe brüllte dazwischen: „Ich sterbe vor Hunger!“
Der Elefant meinte, das sei eine zu schwierige Frage für ihn: „Ich interessiere mich nicht für Menschenfleisch“, meinte er noch und zog weiter.
Da sah Ben eine Giraffe. Er rannte zu ihr für Hilfe und erzählte ihr was sich zugetragen hatte: „Findest du das nicht auch für eine große Ungerechtigkeit?“ Der Löwe knurrte lauernd dazwischen: „Ich sterbe vor Hunger“. Die Giraffe beugte ihren langen Hals zu Ben und sah, dass er weinte: „Weißt du,“ versuchte sie ihn zu trösten, „das ist eine ewig gestellte Frage unter uns Tieren und bleibt vermutlich ungelöst – dass fressen und gefressen werden.“
Der Löwe zu Ben: „Da hörst du es, ich fress‘ dich jetzt und alles hat ein Ende.“
„Oh schau!“ rief Ben voll neuer Hoffnung, „da kommt der schlaue Fuchs, den möchte ich noch unbedingt befragen!“ „Nein“, grummelte der Löwe, „ich bis so hungrig und habe keine Lust mehr.“ Ben versuchte ihn zu überzeugen: „Aber ich muss das noch über die Ungerechtigkeit wissen – das bist du mir schuldig.“ „ Also gut, nur noch der Fuchs.“
„Hallo Fuchs, du musst uns eine Frage beantworten, die für mich lebenswichtig ist.“
Ben schilderte auch ihm die Ungerechtigkeit, dass der Löwe ihn auffressen will, obwohl er ihn doch befreite.“Nun gut“, sagte der Fuchs, „eine besonders schwierige Frage lässt sich am besten lösen, wenn man das Problem wieder bis zum Ausgangspunkt zurückrollt. Seid ihr damit einverstanden?“
Erleichtert antworteten beide mit ja und der Fuchs ging mit ihnen zurück zum Käfig:
„Die Tür war offen, so wie jetzt?“ „Ja“
“Dann Löwe, geh wieder hinein.“
„Dein Peiniger hat dann die Türe mit dem Riegel verschlossen?“ „Ja“
„Ben, du spielst jetzt den Peiniger und schiebst den Riegel vor.“
„Hat sich alles so zugetragen?“ „Ja“

„Dann haben wir also den Zustand wie zu Anfang, als Ben dich entdeckte?“ „Ja“, sagten beide.
Der Fuchs: „Damit wäre die Frage der Ungerechtigkeit gelöst – denn sie existiert nicht mehr!“

(c) dez. 2017 ello eiser, abdruck mit genehmigung

2 Gedanken zu „BEN UND DER LÖWE (Die Gerechtigkeits-Fabel)

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