DIE PLANETENRETTER

Wollen Sie unseren Planeten retten? Dumme Frage. “Retten” ist etwas Edles: ein hilfloses Tier, ein Kind, ein Mensch in Not – die Menschheit! Und da denkt man, es gäbe nicht mehr genug Arbeit. Es sind noch Nischen da um tätig zu werden, um “Gutes” zu tun.

Neben der persönlichen Erfüllung lässt sich dabei sogar verdienen. Gewissermaßen als Zugabe, erhalten Sie einen Platz auf der hohen Platform der Moral und können selbstgerecht auf die Anderen heruntersehen – man hat sich qualifiziert über den Rest zu urteilen. Aus dieser erhöhten Position braucht man auch nicht mehr über Fragen nach dem warum und wie, nach Kausalitäten oder Konsequenzen nachzudenken. Zweifel oder Kritik werden einfach zurückgeschleudert: Sie, mit einem Eimerchen bis zu den Hüften in den Fluten der Tsunami stehend, sinnlos Wasser von einer Stelle zur anderen schaufelnd, haben sich die Lizenz erworben zu rufen: “ich tue wenigstens was”. Dosenpfand, Mülltrennung, Windräder, usw. sind wenigstens etwas.

Die Standard-Argumente der – selbsternannten und offiziellen – Planetenretter:
1. “Es ist 1 – 5 vor 12” (je nachdem wen man fragt),
2. “Einer muss ja den Anfang machen”, und
3. “Man muss irgendwo anfangen” (wenn auch im kleinen).

Fazit: Die Planetenrettung beginnt zu Hause. Wirklich? Zuhause beginnen wichtige Dinge: ein gutes Benehmen, Respekt, Disziplin und moralische Anstöße – aber nicht die Rettung der Erde. Denn es geht nicht um die “Rettung des Planeten”, sondern um die Rettung der westlichen Lebensweise. Die Bewohner der Sub-Sahara, des Tschad, Sudan oder die Palästinenser, würden die Erde – so wie sie sich für diese Menschen gerade darstellt – eher in die Luft jagen, als retten. Auf der anderen Seite, würde man einen brasilianischen Indio oder australischen Ureinwohner fragen, würden die wohl lieber den Planeten vor den westlichen Gesellschaften retten.

Jeder besonnene Mensch wünscht sich einen “schönen” Planeten. Hier genau liegt das Problem: Die Natur ist werteneutral und schafft kontinuierlich ihre eigene Balance. Ihre latente Bedrohung liegt gerade in den Urteilen der Menschen und ihren Werten. Die Löwen in ganz Afrika, die Krokodile aller Regionen, Wildgänse die um den Globus ziehen und die Fischschwärme der Meere, verhalten sich artengleich – nur Menschen, getrennt durch vielleicht 20 Km, mögen nicht einmal die grundsätzlichsten Interessen teilen.

Den Planeten retten – klingt das nicht so, als wollten die Würmer ihren Käse retten? Vielleicht gelingt es sogar – zum gewissen Grade – wenn wir zunächst einmal auf den Größenwahn dieser anmaßenden Gedanken verzichten. Gute Absichten, Vorschläge und Forderungen gibt es in Fülle: Neuordnung der Werte, Unterbindung “maßloser” Ausbeutung von Rohstoffen, Nutzung alternativer Energien, Klima-und Umweltschutz, Umverteilung und Abschaffung des Kapitalismus zugunsten des früh-mittelalterlichen Bedarfsprinzips, usw. Als Hauptursachen der Erdschändung gelten dementsprechend dann auch die üblichen Verdächtigen: vor allem die kleine “Elite der Herrschenden”, der Neoliberalismus und “Raubtierkapitalismus”. Der letztere Begriff ist einer dieser unsinnigen linken Kampfworte: Dem Raubtier gehört ein wichtiger Platz in der Biosphäre. Es nimmt sich genau das, was es zum Überleben braucht – also eher ein Paradigma der Bedarfsdeckung als zerstörender Maßlosigkeit. Aber sei’s drum.

Hauptsächlich wir hier im verantwortungsbewussten Europa haben, quasi eigenhändig, das tödliche Ozonloch gestopft und so unseren sicheren Untergang verhindert – mit dem Verbot von Glühbirnen und Auflagen zur Unterdrückung von Emissionen, welche von den anderen 90 Prozent der Erdbevölkerung erzeugt werden. (http://www.sueddeutsche.de/wissen/un-bericht-zum-ozonloch-der-schutzschild-der-erde-regeneriert-sich-1.2124874). Dabei schleudert ein mittlerer Vulkanausbruch soviel Dreck und Giftgase in die Atmosphäre wie die globale Industrie in einem Jahr – und das schon seit 5 Milliarden Jahren, über der Erde und unter Wasser. In dieser Zeit wechselte der Nordpol schon ein paar mal zum Südpol und es gab mehrere Eis-und Wärmezeiten mit dem Verschwinden und Entstehen von 100 Tausenden von Tierarten. Geologische Änderungen und Meteoriteneinschläge nicht mitgezählt. Und jetzt wollen ein paar Exemplare des homo sapiens – dieser Fehler der Natur – mit dem selben Geiste die Erde retten, der zu ihrer 10.000 Jahre langen Tortur beitrug. Wieviel Jahre haben wohl Greenpeace, der Klima-Aktivismus und die Grünen der Mutter Erde schon an einer verlängerten Lebensdauer beschert; oder etwa Sie, indem sie Haarsprays oder Lackdosen mit ökologischem Gütesiegel benutzen?

Der Müll der in den Meeren landet, stammt hauptsächlich von der christlichen Seefahrt und den Entwicklungsländern entlang ihrer Küsten. Hausmüll muss in Plastiktüten und deshalb gibt es Müllbeutel z.B. in den Stadtbüros kostenlos, während Sie die Plastiktüte beim Einkauf bezahlen! Die farbigen Müllbehälter (5 verschiedene vor unserem Haus) sind ebenfalls aus Kunststoff und müssen selbst einmal entsorgt werden. Abfall muss aber auf jeden Fall in den Anlagen nachgetrennt werden. Eine Batterie in einem Papierbehälter, ein Kronkorken in der Biotonne – und das gesamte kindische Konzept ist für die Katz? Aber nein doch – es belehrt uns; zwingt uns Bürger zum “Umweltbewusstsein” – wie die großen Chemie- und Bergbaukonzerne!

Man beobachte die gemeinsamen Agendas der verschiedenen Aktivisten der Umwelt, des Antikapitalismus, der Antifa, des Genderismus, des Sozialen, usw.: Im Schnittpunkt allen Aktivismus ist der Kapitalismus und die “herrschende Klasse”. Dabei vertoßen sie fröhlich selbst – zu ihrem eigenen Nutzen – gegen die jeweiligen Regeln der anderen Gruppen. Greenpeace und ähnliche NGOs, z.B., haben sich schon lange zu internationalen, betriebswirtschaftlichen Konzernen gemausert (dass jedes private mittelständische Unternehmen vor Neid erblasst). Andere Weltenretter kämpfen nur mit modernster Technologie – Smartphones, vollbestückt mit den “giftigen” Seltenen Erden, handgeschürft von Minderjährigen in verseuchten Mondlandschaften, und gebaut von chinesischen Lohnsklaven, die sich aus Schwermut reihenweise aus den Fenstern stürzen. Dann gibt es die “Kreuzritter vom Orden der heiligen Umverteiler”. Sie ernähren sich von überteuerter Bio-Kost; ihre T-Shirts kosten € 30.00 und werden von glücklichen Näherinnen in “Fair-Trade” Betrieben aus nachhaltiger Baumwolle gestrickt. Sie leben streng nach dem Bedarfsprinzip – wobei ihr eigener Bedarf der Weltstandard sei.

Thomas Piketty ist ein gut vernetzter Erfolgs-Autor. Die ökonomische Arithmetik seines letzten Bestsellers (“Das Kapital im 21. Jahrhundert”) ist eine beeindruckende Fleißarbeit. Die Zahlen mögen stimmen, nur seine Interpretationen und gezogenen Kausalitäten sind widersprüchlich und ignorieren die Geschichte. Auf gut 800 Seiten zielt er nicht – um zu treffen – auf das Zentrum der Scheibe, sondern bewegt das Ziel in die Schusslinie. Auch er beschreibt den Kapitalismus als eine apokalyptische Macht, die (irgendwann im Mittelalter) von einer Gruppe düsterer, konspirierender Harry Potter-Gestalten zur Beherrschung der Welt aufbrach. Der wesentliche Inhalt des Werkes baut sich um die Nachfahren dieser düsteren Mephistos des Merkantilismus, also die “0,01-0,1 Prozent” der Milliardäre (US: billionaires) und es fragt sich, ob diese Mini-Klasse tatsächlich die erforderlichen umfassenden, makroökonomischen Anstrengungen einer globalen Umverteilung wert sind. Streut man die Gesamtvermögen der 1600 Milliardäre auf alle Bewohner der Erde, wäre jeder einzelne maximal 2.000 USD reicher – jedoch arbeitslos und ohne private Dienstleistungen.

Es geht nicht um Vermögenswerte und deren Lokalität, sondern um die eigenen Unzufriedenheiten und die Hindernisse für neue Bewerber im Vermögensklub. Die Umverteilung ändert daran nichts. Umgeteilte Werte müssen verwaltet werden. Diejenigen die sie besitzen, haben sich schon qualifiziert. Dass der Staat der bewiesenermaßen schlechteste Vermögensverwalter ist, könnte Piketty schwer bestreiten. Jede Woche wird mindestens ein Bürger Millionär, durch Lotterien oder Glücksspiel. Von wievielen glücklichen Gewinnern haben Sie je gehört, die ein erfolgreiches Unternehmen aufgebaut haben, oder wenigstens langzeitlich klug investierten? Nicht wenige wurden danach eher zu Sozialfällen.

Andere Autoren (Edward & Robert Sidelsky: “Wie viel ist genug?”) beschwören sogar die „Philosophie der bescheidenen Lustgefühle“ des griechischen Denkers Epikur (341-271 BC). Gandhi hätte als Beispiel wohl auch gereicht. Also, wenn wir nur alle schön bescheiden werden und unseren Wohlstand teilen (“aber bitte, Sie zuerst!”) dann können wir uns noch ein paar hundert (?) Jahre länger an unserem Dasein freuen. Nur, dass dazu dann irgend ein “Herr der Werte” über uns bestimmt: Glücksrationen und Tauschscheine von der UN? Die Herren Proudhon und H.G. Wells winken erleichtert aus ihrem Grabe! Selbst Marx lehnte solchen Schwachsinn ab.

Es ist doch so, dass es immer einer Gruppe von Menschen einfällt, auf die anderen einzuwirken. Dabei gibt es kein gut oder böse: “Einwirken” ist immer Gewalt und deshalb unmoralisch. Wir sprechen hier nicht von der persönlichen, spontanen Hilfe für einen Mitmenschen in Not. Am Ende wird eine Gruppen von vermeintlich Bedürftigen immer zum “Projekt” einer priviligierteren Gruppe, und der Mensch verschwindet aus dem Mittelpunkt. Mit anderen Worten, alles wird zum Geschäft, zu Karrieren. Und gäbe es diese ur-menschliche Eigenschaft nicht, diesen instinktiven Trieb zur Höchstleistung, zur Maximierung unserer Talente, zum Wettbewerb – dem “Willen zur Macht”, dann hätte es unsere Spezies wohl nicht mal bis zur Zeit des frühen Mittelalters geschafft.

Also, ist alles gut wie es ist und sollte es so weitergehen? Sicher nicht.
Aber: Anstatt an den Menschen herumzubasteln und einen konsumreduzierten, dauerzufriedenen, kulturneutralen umwelt- und demokratiefreundlichen Sozialzombie zu erfinden (mit internationaler Verhaltensgarantie), benötigen die westlichen Leit-Gesellschaften von Grund auf neue, rationale und effektive Staatsstrukturen. Die illegale Macht und Einflüsse der Entscheidungseliten, der Konzerne und Finanzinstitutionen wurden doch nicht durch unbesiegbare Armeen mit Neutronenkononen erobert. Sie werden geschützt durch undurchsichtige, korrupte und inkompetente Bürokratien und Politiker, die sich hinter fadenscheinigen Gesetzen und Verordnungen bewegen. Stetiger staatlicher Interventionismus bis in die kleinsten Bereiche unseres Lebens und Ablenkungen durch populistische Politik, bei gleichzeitiger Zerstörung nationaler und kultureller Unterschiede und Interessen. Wie auf einer riesigen Bühne, wo die Magier mit der Hilfe schöner Assistentinnen die Aufmerksamkeit der Zuschauer von den eigentlichen Tricks ablenken: Die Illusionisten begrüßen persönlich ihr Publikum. Danach fehlt bei jedem schon die Brieftasche. Aber: In einer wirklichen Magier-Show bekommt jeder seine Geldbörse am Ende zurück – im Gegensatz zu der Bühne der Politik.

Der internationale Aktivismus spielt den Machtstrukturen, die sie bekämpfen, in die Hände. Sie ersetzen die attraktive Assistentin des Magier. Sie beschleunigen die Globalisierung und den Weg zum gesellschaftlichen, kulturellen Einheitsbrei. Was die Planetenretter verlangen, ist nichts weiteres als die Unterdrückung der Eigenschaften und Fähigkeiten, die den Menschen aus seinen steinzeitlichen Höhlen gezogen haben und auf dem Mond wandern ließen, und die uns vom Tier unterscheiden. Folgt die Menschheit deren Forderungen, dann ist uns die geplagte Mutter Gaia endlich los.

22 Gedanken zu „DIE PLANETENRETTER

  1. Weltrettung ist ein riesiger Geschäftszweig. Nimmt man die Menschenretter, die Kirchen, noch dazu, ist es wohl das größte Businessegment auf dieser Erde. Wie immer geht es um Macht und Geld.

  2. Die Welt muß nicht gerettet werden. Mutter „Natur“ hat 99% aller Spezies (Pflanzen und Tiere), die jemals lebten, vernichtet. Entweder langsam, oder schnell: http://de.wikipedia.org/wiki/Kataklysmus

    Dem Menschen wird’s nicht anders gehen – außer er schafft es vorher, sich selbst auszurotten.

    Die nervigen Weltretter wissen teilweise gar nicht genau „was“ sie eigentlich retten wollen. Vermutlich geht es ihnen nur um die Menschheit und sind deswegen unbewusst eigennützig. In kosmischem Maßstab gesehen sind wir aber nicht mehr als eine Fußnote der Geschichte. Marginal, belanglos, uninteressant. Wer sich aber – wie viele der Weltenretter – für die Krone der Schöpfung hält und davon eine unmöglich zu bewältigende Aufgabe ableitet, dem ist wohl kaum zu helfen. Das hat teilweise schon religiöse Züge angenommen.

  3. Es gibt in der Tat keine dümmere und selbstgerechtere Anmaßung als die der „grünen“ Planetenretter, die zwar nichts dagegen haben (ganz im Gegenteil), ein Land wie Libyen in die Steinzeit zurückzubomben, aber richtig ärgerlich werden, wenn Nachbar seinen Müll nicht trennt.

  4. die flaschencontainer für die verschiedenen glasfarben sind die neuen gesslerhüte. nachdem die brave hausfrau ihre flasche ordentlich zu weiß oder grün sortiert hat, kommt der lkw und schüttet alles wieder zusammen. mir blieb der mund offen stehen, als ich das einmal live erlebt hatte …. lol.

  5. Am interessantesten finde ich doch dabei immer „herausragende“ Retter, sehr prominentes Beispiel Al Gore. Erst einmal mit einem Propagandafilm die Angst richtig schüren und dann mit einer Entourage von 20 weiteren „Rettern“ durch die Welt rettern und sich dann aber so was an den eingehenden Spenden bereichern.

    Was mich daran so reizt. „Wasser predigen aber selber Wein saufen“. Oder auch anders herum Ablasshandel zum x-ten. Früher ging es um die Seele dann um die Rettung des Waldes, heute geht es um nicht weniger als das „angebliche Überleben“ der Menschheit. Was bleibt da noch als Steigerung? Rettung des Mars for bösen Atmospährenräuber? Oder gar Rettung des Sonnensystems und dann die Milchstraße …..

    • Lieber FDominicus!
      Ihr Kommentar landete leider im Spam. Zufällig habe ich ihn gerade entdeckt. Bitte entschuldigen Sie – weiß nicht warum dies passierte.
      Also was Al Gore anbelangt, haben Sie das Paradigma der Umwelt-Rettungs-Heichelei-Industrie angesprochen. Wer sich davon überzeugen möchte – von den wahren Mechanismen des Umweltgeschäfts empfehle ich: „The Swamp“, The Everglades, Florida, and the Politics of Paradise, von Michael Grunwald. Darin werden Al Gores Umweltspielchen klargestellt.
      Nochmals Danke für Ihren Kommentar. Nette Grüße

  6. Ihr Text ist ein einziges Lesevergnügen!
    Übrigens bin ich erst über einen Beitrag von Ihnen auf sciencefiles auf Ihren Blog gekommen und habe schon die meisten Texte hier mit viel Freude gelesen.
    Viele Grüße aus Wien

    • Hallo Pacific!
      Vielen Dank für Ihren netten Kommentar. Ich denke nicht, dass wir in die Köpfe vieler Menschen wirklich eindringen. Ihre Worte sind sehr ermutigend. Hoffentlich lesen Sie noch lange mit und scheuen Sie keine Kritik.
      Herzliche Grüße nach Wien

  7. Pingback: Planetenretter | Kritik und Kunst

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