GLAUBE & RATIO (EIN VERSUCH)

es ist schon wundersam, was uns das Bewusstsein ermöglicht.

Da hat der Mensch die Wahl, täglich praktische Entscheidungen für sein Überleben oder Wohlbefinden zu treffen; und gleichzeitig ist es ihm frei zu entscheiden – oder zu planen – durch komplett unterschiedliche geistige Konzepte. Dabei haben doch der durchschnittliche Gläubige und der Vernunftmensch ähnliche Bedürfnisse und Lebensziele: Wir teilen alle die gleichen Ambitionen von Gesundheit, Glück und Erfolg.

Der religiöse Mensch z.B. betet, folgt den Schriften und verlässt sich auf einen Schöpfer; der rationale Mensch baut auf Vernunft und Fakten und vertraut seinen Fähigkeiten. Irgendwo dazwischen liegen noch Mystiker und Esoteriker mit ihren Praktiken. Alle diejenigen, die mit unterschiedlichen geistigen Systemen versuchen die Welt und ihre bis dato unerklärten Wunder erklärbarer zu machen und Probleme des Lebens besser zu meistern, vergessen, dass das Universum nur materielle Dimensionen besitzt. Wie unser Leben beweist, kann Geist aus Materie entstehen, aber Materie niemals aus Geist. Weder der Wissenschaft noch der Religion wird es gelingen die Entstehung des Kosmos zu begreifen. In einer Festrede zum Todestag von Trendelenburg hieß es, „wie kann das endliche Wesen das Unendliche fassen?“

Die erste gesicherte Tatsache im menschlichen Leben ist die Geburt, die zweite ist der Tod. Dazwischen liegt es uns frei, alles Erfahrene und Übersinnliche mit Göttern, einem Schöpfer oder spiritueller Energie zu erklären, oder durch konzeptuelles Denken, mit reiner Vernunft und nach dem Gesetz der Identität. Die Zeit davor, oder danach ist nicht mehr die unsere! Nun gibt es die Theologen und modernen Mystiker, die vehement behaupten, dass auch sie – oder sogar gerade sie – am stärksten der Vernunft verbunden sind: „Gott hat uns diese Vernunft gegeben“ und somit „ist es vernünftig zu glauben“, wie der Theologe proklamiert. Er debattiert mit Sophismus und Spitzfindigkeiten welche ahnen lassen, wie viel Zeit in seinem 10-Jährigen Studium den Gottesbeweisen zugemessen wurde. Dazu werden die maßgeblichen kirchlichen Geistesgrößen zitiert, z.B. Augustinus, Thomas von Aquin und Albertus Magnus, aber auch verschwiegen, dass die Wissenschaften nur der gelehrten Geistlichkeit zugänglich waren, und dass der Dogmatismus der Dreifaltigkeit und die absolute kirchliche Autorität über Wahrheit und Forschung viel schnellere und größere Fortschritte verhinderten.

Paradies und Hölle, Wiedergeburt und Seele bieten nur im Geiste Alternativen, sie sind verwand mit Hoffnung und Trost – und erweisen sich beim Tod als Betrug: ebenso wie die 70 Jungfrauen des Islams. Für das praktische Leben zählen Leistung, Talent und der Zufall. Ob man nun den Zufall als Schicksal oder Vorsehung bezeichnet oder als Resultat einer Serie von vernünftigen Handlungen scheint letztlich unerheblich. Als der Verlierer einer Golfpartie dem Gewinner vorhielt, dass das „hole-in-one“ seines Gegners reines Glück war, erwiderte der Sieger: „Aber mit jedem Training und arbeiten an meiner Form habe ich dieses Glück immer öfters!“ Wer sich intensiv mit Selbstverbesserung und Ausbau seiner Talente beschäftigt weiß, dass es unmöglich ist, sich auf ein effizientes, rationales Regime zu konzentrieren und gleichzeitig versuchen, mit religiösen Ritualen die Ergebnisse zu verbessern. Wenn der Guru, der Geistliche und der Seelenmasseur es zu größerem Wohlstand bringen als mancher rationale Praktiker, dann nur deshalb, weil es so vielen Menschen unmöglich erscheint, ihre Vernunft konsequent und in allen Bereichen ihres Lebens anzuwenden, gegen eine emotionell und irrational getriebene Umwelt.

Was will uns dieses Essay sagen? Vernunft und Glaube dienen beide als Methode des Überlebens. Der Mensch hat als vernünftiges Wesen überlebt, und als religiöses Wesen. Aber, Religion und Glaube haben keinen Fortschritt erbracht, keinen Frieden geschlossen und den Menschen auf keine höhere kulturelle Stufe erhoben. Religion und Glaube haben weder den Materialismus besiegt, noch die Klassen: Religion und Glaube haben höchstens geholfen die Leiden zu lindern, von denen sie selbst die Ursache waren. Der Geist, den Religion und Glaube beschwören ist auch ihr größtes Hindernis. Selbst wenn der Gläubige seinen Schöpfer finden würde, wenn der Geist des Mystikers den Sinn des Leben erkennen könnte, wäre er von seinem Menschsein doch nicht befreit.

Der Einzelne kann über seinen Geist verfugen wie er mag, er kann Mephisto rufen, seine Götter beschwören und das Attribut der Vernunft ablehnen, in seiner kurzen Spanne von Leben und Tod. Für die Gesellschaft, als politische Einheit, scheint der Umgang mit der Vernunft eine Frage des Überlebens ihrer Nation.

53 Gedanken zu „GLAUBE & RATIO (EIN VERSUCH)

  1. Pingback: Glaube & Ratio als Versuch | per5pektivenwechsel

  2. „Wie unser Leben beweist, kann Geist aus Materie entstehen, aber Materie niemals aus Geist“
    Es gibt in unserem Land, sogut wie kein Feld, kein Wald, keinen Weg, keine Stadt und sogut wie keinen Quadratzentimeter, der nicht vom menschlichen Geist überformt ist. Allein die Menge der natürlichen Zahlen, die auch eine nicht materielle Hervorbringung des menschlichen Geistes sind, übersteigt die Zahl der Elementarteilchen im Universum.
    Selbst die Mathematik, auch eine Hervorbringung des menschlichen Geistes, kommt nicht ohne Axiome aus, die nicht weiter bewiesen werden können. Da dem so ist, müssen diese vorausgesetzt, bzw. geglaubt werden. Das selbe gilt analog auch für die Vernunft.
    Der Glaube, es gäbe nichts als Materie widerlegt sich selbst, weil er selbst nicht Materie ist, sondern eben ein Glaube. Selbst wenn es sich um ei Wissen handeln sollte,wäre dieses Wissen auch keine Materie, sondern Geist.
    Selbst für die Wissenschaft gilt, die Erkenntnis von heute ist der Irrtum von morgen. Wer für sich in Anspruch nimmt, über ewig gültige Wahrheiten zu verfügen, stellt sich auf eine Stufe mit Gott oder benimmt sich im Zweifel wie der Papst.

    • Hallo Herr Arandt,
      es freut uns wieder von Ihnen zu lesen und Danke fuer Ihren Kommentar.
      Wir haben weder geschrieben, dass der Geist nicht existiert – nur weil er nicht Materie ist, noch dass der Geist nicht alles „beruehrt“. Er schafft die Konzepte, die es uns erlauben Materie UMZUFORMEN, aber nicht zu erschaffen. Denn DIES wuerde Sie zum Schoepfer erheben. Ist das klar fuer Sie?

      „…Der Glaube, es gäbe nichts als Materie widerlegt sich selbst, weil er selbst nicht Materie ist, sondern eben ein Glaube.“ Das enthaelt keine Logik oder Falsifikation unseres Postulats. Nach Ihnen gaebe es dann in der Weiterfuehrung Ihres Arguments auch keine Trennung zwischen Geist und Materie. Dies ist aber selbst in Ihrem Glauben fest verankert.

      „Selbst für die Wissenschaft gilt, die Erkenntnis von heute ist der Irrtum von morgen.“
      Geschenkt. Aber hoffen Sie, sich jemals Ihre Villa, Auto und Yacht er-denken zu koennen, anders als bauen, kaufen oder klauen? Wir freuen uns darauf!
      „Wer für sich in Anspruch nimmt, über ewig gültige Wahrheiten zu verfügen, stellt sich auf eine Stufe mit Gott oder benimmt sich im Zweifel wie der Papst.“
      Wir hoffen dieser absurde Vorwurf war nicht ernst gemeint…
      HG

      • Ihre Argumente sind durchaus bedenkenswert. Ich denke es geht um die richtige Verhältnisbestimmung zwischen Materie und Geist. Wenn ich sie richtig verstehe, sind wir uns da einig.

      • Natürlich gibt es eine Trennung zwischen Geist und Materie genauso wie zwischen schwarz und weiß oder zwischen richtig und falsch oder zwischen Gut oder Böse.

      • Sicher hat Marx recht, auch wenn Sie den wahrscheinlich nicht mögen, ich mag ihn übrigens auch nicht, wenn er sagt, das Sein, die Materie bestimmt das Bewusstsein, analog zu ihrem Einwand, ich kann mir keine Villa vorstellen und dann einziehen. Aber auch Max Weber hatte recht, als er den Geist des Kapitalismus als Folge des calvinistischen Protestantismus kritisierte. Wenn man dialektisch denkt, so wie Hegel ist das alles kein Problem. Denkt man aber positivistisch, so wie Caran, Mach und andere, dann schon. Mit ihrer Kritik an der „instrumentellen Vernunft“ haben Horkheimer, Adorno und Habermas ausnahmsweise einmal recht.

      • Hallo,
        wir koennen dem Konvolut Ihrer Gedanken nicht folgen. Zwischen Materie und Geist sehen wir keine „Verhaeltnisbestimmung“. Gut & Boese / richtig & falsch gehoeren zu Eigenschaften der geistigen Kategorie; schwarz & weiss zu Eigenschaften von Materie. Bis Ihnen was gewichtigeres einfaellt, wie Materie aus Geist enstehen soll, bleiben wir bei unserem Postulat. Ihr letzter Kommentar hat mit unserem Essay nichts zu tun.
        HG

      • Ganz so einfach ist es nicht. „Schwarz ist ein llgemeiner! Begriff! Dieser bezeichnet eine Eigenschaft, eine Eigenschaft, die allem Möglichen zukommen kann, zum Beispiel schwarzen Löchern, schwarzem Humor, oder schwarzer Tinte. Ich halte es immer noch mit meinem Freund Hegel. Wenn ich sage, da steht ein Baum, dann steht der Begriff Baum sind Allgemeines. Dieser Gegenstand dort, hat die allgemeine Eigenschaft ein Baum zu sein mit allen anderen „Bäumen, auch mit den nur gezeichneten und den bloß in der Phantasie vorgestellten gemeinsam.
        Wienn es Sie interessiert, in seiner Phänomenologie des Geistes und in deiner Logik begründet er das ausführlich.
        Vielleicht finden Sie Hegel überholt. Wenn Sie es gerne moderner hätten, wie wäre es mit dem jüngsten Philosophen Deutschlands, War er jedenfalls bis bot

      • …War er jeDenkmals bis vor kurzem. Er widmet sich vor allem der Widerlegung ihrer These, alles Sei Materie oder ließe sich aus ihr ableiten. Zum Beispiel in seinem Bestseller „warum es die Welt nicht gibt. Eine Diskussion zum Thema Geist und Materie ist durchaus lohnend besonders deshalb, weil wir konträre Positionen vertreten.

      • Hallo, und Danke fuer Ihre Replik.
        In Ihren beiden Texten ist am Ende etwas durcheinander geraten. Es geht dabei um den „…juengsten Philosophen…“!?
        Hegels PDG habe ich vor 20 Jahren verarbeitet. Ich bewundere die geistige Leistung von Hegel und Kant u.a. Die meisten sind aber an der u.a. Erklaeung der Vernunft gescheitert.
        Fuer uns gilt Rands „ich bin, deshalb denke ich“ und das Gesetz der Identitaet. In der Philosophie sehen wir ein praktisches Werkzeug. Der Mensch ist frei sich in seinem Hirn zu erdenken was er will. Fuer zu viel Haarspalterei (a la Adorno) haben wir keinen Sinn. Die meisten neueren Philosophen drehen sich im Keis mit schon laengst „durchgedachtem“ Material. Nur muss man dieses Vorausgegangene natuerlich kennen.
        Bei dem Thema, das Sie mit dem Baum ansprechen, handelt es sich um den „Universalienstreit“ der im Reich der Vernunft schon lange keine Rolle (mehr) spielt.
        HG

  3. Ich will noch mal ein neuen vorläufigen Versuch machen Ihren Satz aufzunehmen,
    „dass das Universum nur materielle Dimensionen besitzt.“
    Lassen wir den Glauben einmal außen vor. Sie sprechen ausführlich und positiv von „Vernunft“. Wo im Universum, dass nur materielle Dimensionen hat, kommt die Vernunft vor? Sicher würden Sie die Ansicht vertreten, auch die Vernunft, bestünde letztlich nur aus Materie. Ich denke, dass ist nicht der Fall. Nehmen wir die Materie aus der ein Mensch besteht und aus der auch seine Vernunft besteht. Wie wir wissen verändert sich die Materie, aus der wir bestehen, fortwährend. Wir nehmen Materie auf und scheiden Materie aus, wir wachsen, wir altern und wir sterben. Wenn wir einen alten Schulfreund nach zwanzig Jahren wieder treffen, dann besteht er aus komplett anderen Elementarteilchen als noch zu seiner Schulzeit. Die Eltementarteilchen selbst gibt es wahrscheinlich solange, wie das Universum alt ist und sie wird es sehr lange weiter geben.
    Was will ich damit sagen. Es ist nicht die Materie, die den Menschen ausmacht, die verändert sich. Es ist das Programm, der genetische Code, der den Menschen nach Jahrzehnten wiedererkennbar macht. Es ist nicht die Hardware, sondern die Software, es ist nicht die Materie sondern der Geist.

  4. Ich will nicht verhehlen, dass ich für den Glauben streite, so wie sie für die Vernunft plädieren. Ich denke, da sind wir uns einig, dass es sich bei der Vernunft um eine der wesentlichen Geistesgaben eines Menschen handelt.
    Ich würde das sogar noch erweitern und behaupten, eine Pflanze, zum Beispiel eine Sonnenblume, verhält sich vernünftig, wenn sie ihre Blüte nach der Sonne dreht. Auch Katzen verhalten sich intelligent und vorausschauend, wenn sie erfolgreich eine Maus jagen.
    Vielfach und das scheint auch Ihre Ansicht zu sein, wird das Begriffspaar Vernunft und Glaube als einander ausschließend und entgegengesetzt gedacht. Das geht vor allem auf die abendländische Tradition seit der Aufklärung zurück.
    Die Katholische Theologie hat bis dahin zwischen Vernunft und Glauben überhaupt keinen Gegensatz gesehen, sondern war in der aristotelischen Philosophie verwurzelt, dessen vernünftigen Kategorien bis heute noch gelten. Der große Kirchenlehrer Thomas von Aquin versuchte Gott vernünftig zu beweisen. Auch wenn die Beweise im Einzelnen heute als widerlegt gelten, sind sie trotzdem auf Grund von vernünftigem Denken zu Stande gekommen. Einen Naturwissenschaftler, dessen Schlussfolgerungen widerlegt wurden, gilt ja auch nicht im nach hinein als unvernünftig.
    Ich denke der Hauptunterschied zwischen Vernunft und dem religiösen Glauben liegt in der Unterscheidung, wie sie selber sagen, ob der eine an eine Instanz außerhalb seiner selbst glaubt, oder allein sich selber vertraut.
    Selbst diese Unterscheidung fällt schwer. Es ist unmöglich alle naturwissenschaftlichen Erkenntnisse selbst zu überprüfen oder nur zu verstehen zum Beispiel die Relativitätstheorie. Ich komme nicht umhin, dass, was offiziell als anerkannte Wahrheit gilt, zu glauben oder eben nicht zu glauben. Nach wie vor gilt der Satz, die Erkenntnis von Heute ist der Irrtum von morgen.
    In Ihrem Weltbild gibt es übrigens auch eine Instanz, die sich Ihrer Kontrolle entzieht: Der Zufall.
    Der Unterschied zwischen Gott und dem Zufall ist vor allem der, dass Gott Vernunft unterstellt wird und der Zufall als das schlechthin Unvernünftige gilt.
    So beißt sich die Katze mal wieder in den Schwanz

    • Hallo und Danke fuer Ihren Kommentar.
      Ihr Text geht an unserem Inhalt voellig vorbei und (unter)stellt Postulate, die wir nirgendwo machten. Hier die fuer uns wichtigsten Punkte:
      :
      1. Natuerlich ist Vernunft nicht Materie! Wir schrieben, dass Geist aus Materie entstehen kann (nicht: BE-stehen), Vernunft ist auch geistiger Natur. Vernunft kann nur aus dem Bewusstsein kommen, der Mensch hat die Wahl sie zu nutzen oder – wie Sie – sich von Emotionen (Glaube) leiten zu lassen.
      2. Vernunft und Intelligenz ist mitnichten das gleiche. Tiere koennen nicht vernuenftig handeln, dazu haben sie Instinkt.
      3. Wo haben wir geschrieben, dass Materie den Menschen ausmacht?
      4. Nach beider Definition sind Vernunft und Glaube in der Tat ausschliesslich.
      Nur der Aquinat folgte dem aristotelischen Denken, die meisten anderen waren
      Platoniker. Die Unfehlbarkeit des kirchlichen Dogmas verhinderte die vernuenftige
      Erkennntnis von Thomas.
      5. DIe letzte Haelfte des 2. Kommentars steht auf wackligenn philosophischen Beinen.
      Vernunft hat nichts mit Selbstvertrauen zu tun; Sie ignorieren den elementaren
      Unterschied zwischen Annahme und Glauben: Glaube erlaubt keine Zweifel.
      Und Zufall hat wiederum mit Unvernunft nichts zu tun, es ist eine andere Kategorie.
      Da beisst sich nichts in den Schwanz!
      HG

      • Vielen Dank für die schnelle Antwort. In manchem gebe ich Ihnen Recht. Meine Zweifel in Punkt Vernunft der Tiere halte ich aber aufrecht. Was unterscheidet die Vernunft eines menschlichen Jägers von der Vernunft einer Katze? Ist das nicht antroprozentrisch gedacht? Wird nicht vielleicht eine spätere Gesellschaft sich mit Entsetzen und einem großen Schuldgefühl daran erinnern, wie unsere Generation mit den Tieren umgegangen ist.

      • Ich denke nicht. Biologie und Zoologie sind sich da ziemlich einig.
        Vernunft verlangt konzeptuelles Denken – es gibt nicht mehrere Arten von Vernunft.

      • Natürlich hat die Katze ein „Konzept“ davon, wo die Maus im nächsten Augenblick sehr wahrscheinlich sein wird, um sie genau dort abzupassen.
        Wenn wir das menschliche Denken gegenüber dem tierischen Denken privilegieren wollen, dann läuft die Trennung eher entlang der menschlichen Fähigkeit zur Selbstreflexion und zum Selbstbewusstsein. Auch die Sprachfähigkeit des Menschen unterscheidet sich erheblich von tierischen Kommunikationsmöglichkeiten, die gleichwohl auch bei Tieren vorhanden sind.

      • Sie lenken ab. Tiere „denken“ nicht. Ueberlebensmechanismen sind gerade NICHT vom denken abhaengig. Tiere ueberleben in der Wildnis besser als Menschen. Wuerden die Tiere dies durch denken erreichen, waeren sie uns geistig stark ueberlegen – nicht wahr?

      • Tiere funktionieren nicht „mechanisch“ wie Maschinen, das ist ein Bild, das wir der Natur aufprägen, das ihr aber in keiner Weise gerecht wird. „Organisch“ wäre das angemessenere Bild.

      • „Tiere funktionieren nicht “mechanisch” –
        Das haben wir nicht geschrieben, wir bitten Sie richtig zu lesen, nicht frei interpretieren – sonst kommen wir nicht weiter.

      • Wären wir tatsächlich ein Kind des Zufalls, dann wären wir so etwas wie ein ungewolltes uneheliches Kind. Wer will das sein, selbst wenn es stimmt?

      • Wie auf unserem Blog ersichtlich, sind „wir“ eine Gruppe von Gleichgesinnten. Meistens vertreten wir gleiche Meinungen, dann schreibe ich „wir“ (es kann ja nur einer die Tastatur bedienen). Wenn nur ich fuer mich antworte, dann schreibe ich „ich“. O.k.?

      • Wie stimmt ihr das miteinander ab, worüber ihr Euch einig seid? Ist das nicht ein bisschen schwierig, wenn doch nur einer gerade an der Tastatur sitzt?

      • Wir kennen uns seit rund 25 Jahren und diskutieren regelmaessig Themen die uns interessieren, Natuerlich arbeitet nicht jeder bei allen Texten mit.

      • Vieles von dem was Sie sagen, ist sehr komplex und vernünftig. Verzeihen sie bitte, wenn ich immer nur einzelne Spitzensätze herausgreife und kritisiere. Mir geht es einfach darum, den Glauben gegen die Vernunft zu verteidigen, was übrigens auch Adorno und Horkheimer taten, als sie von der Dialektik der Aufklärung sprachen. Allerdings ging es ihnen nicht um den Glauben, sondern mit Kant und Luther um die Moral.

      • Adorno & Horkheimer pervertierten die deutsche Philosophie, besonders der heuchlerische und monstroese Chef-schwurbler Adorno wie kein anderer!
        Das Problem liegt schon im ewigen Kampf der Theologen die Vernunft zu integrieren. Waere ihr (und Ihr) Glaube fest, dann braeuchte es auch keine Vernunft. Diese „es ist vernuenftig zu glauben“-Formel, soll von den Zweifeln ablenken. Was haben Sie denn von Ihrem Glauben – anders als palliative Emotionen? Schon Thomas Hobbes (17..) schrieb, „Am Anfang der Welt stand ein Gott Namens Chaos“. Der erste „Gott“ des Menschen war das Feuer. Feuerbach sagte, „der Mensch machte Gott zu seinem Ebenbild“. treffender geht’s nicht. Religion wuchs aus dem Entstehungsmythos einer Gesellschaft. Das laesst sich ethnologisch nachweisen.
        So, jetzt ist fuer Sie aber Bettzeit – fuer mich Fruehstueck!

      • Feuerbach hat natürlich recht und von Adorno bin ich auch nicht gerade ein Fan. Es geht mir in meiner Argumentation auch nicht um den Glauben an Gott oder an das „Chaos“. Es geht mir um die Bedeutung des Verbs „glauben“. Wie verhält sich das zu „wissen“. Meine These ist, dass diese beiden Begriffe dialektisch zusammenhängen. Es gibt kein Wissen, das auf den Glauben vollständig verzichten kann, genauso wie es keinen Glauben geben kann, ohne die Fähigkeit des Menschen etwas zu wissen und darüber kommunizieren zu können. Es gibt kein zeitlos gültiges sicheres Wissen, die Erkenntnis von Heute ist der Irrtum von morgen. Wer behauptet, über sicheres Wissen zu verfügen, erhebt einen Absolutheitsanspruch, wie wir ihn von den großen Religionen her kennen und längst seit der Aufklärung mit Recht verworfen haben. Auch hier beißt sich die Katze wieder in den Schwanz.

      • „Es gibt kein Wissen, das auf den Glauben vollständig verzichten kann“
        Doch, vollstaendig! I(Verwechseln Sie jetzt nich Glaube mit Hoffnung).
        In Mathematik, Chemie und Physik z.B. kommt zwar immer mehr dazu, das meiste aber, und die Grundlagen sind gefestigt – 1+1=2 seit 3000 Jahren, und das Gesetz der Identitaet: A=A.
        Warum wehren Sie sich gegen die Anerkennung und streuben sich gegen die Realitaet – haben Sie Angst, dass Ihr gewohnter Glaube darunter leidet? Meine Mutter ist 95 und hat bis 80 noch an Schutzengel und Seele geglaubt. Jetzt nicht mehr, Sie ist eine messerscharfe Denkerin und studiert Philosophie.

      • Das mit der Mathematik ist ja nicht meine fixe Idee, sondern jeder Mathematiker, der an einer Universität unterrichtet, weiß, dass die Mathematik auf Axiome (wie zum Beispiel das Axiom a=a aufbauen muss, die selbst nicht bewiesen werden können sondern vorausgesetzt werden müssen. Ich habe selbst einmal ein Semester Mathematik studiert. Man kann die Mathematik auch auf ganz andere Axiome aufbauen und kommt dann ebenfalls zu einem schlüssigen System. Die Tatsache, dass man die Mathematik seit 3000 Jahren auf die selben Axiome aufbaut, ändert nichts an der Tatsache, dass die Axiome im selben System nicht bewiesen werden können, vielleicht in einem anderen, aber das braucht auch wieder Axiome ad infinitum. 1+1=2 ist keine Naturgesetz. Weder die Zahl eins noch die Zahl zwei kommt in der Natur vor. Das Zahlensystem ist eine sehr praktische Konstruktion unseres Denkens, nicht mehr und auch nicht weniger. Ich wehre mich nicht gegen etwas, weil ich einen irgendwie gearteten Glauben habe, sondern weil es tatsächlich so ist, dass die Mathematik notwendig auf Axiome aufbauen muss, die sie selbst nicht weiter beweisen kann. Das ist alles ganz rational und hat mit Engeln überhaupt gar nichts zu tun.

      • Irgendwie haben wir ein Problem des Verstehens. Wir haben Engel nicht mit der Mathematik in Verbindung gebracht, sondern mit Glauben. Auch die absolut „prinzipiellsten“ Axiome entstehen in unserem Geist, das ist doch klar. Mathematik ist nichts anderes als eine Form der Sprache – Mittel zur Kommunikation und Erkenntnis. In US kauft man Fluessiges in gallons, hier in Liter. Wenn Amis hier tanken, muessen sie eben umlernen. „1“ ist auch in den USA „1“ Wichtig ist doch nur, dass wenn Menschen von ueberall in den Himmel schauen, sehen wir alle EINE Sonne (wie man sie woanders auch nennen mag), keine ZWEI MONDE, sondern EINE SONNE. Es gibt keine anderen Bezugsysteme, ausser den menschlichen. Selbst „Beweise“ sind Konventionen. Beweise, die z.B. fuer eine Verurteilung eines Kriminellen noetig sind, sind ganz andere in anderen Kulturen. Die Wissenschaft aber nicht.

      • Ich habe unlängst die ersten fünfzig Seiten der Dialektik der Aufklärung gelesen. Das war der erste Text dieser Art, den ich überhaupt jemals gelesen haben. Der Text gefiel mir besser als ich dachte. Hier meine Gedanken und einige Zitate:

        Kritik und Versöhnung

      • Habe mich vor 20 Jahren mit der Frankfurter Schule und der „Kritischen Theorie“ befasst. Eine Darmspiegelung waere angenehmer! Damals sah ich schon den Unsinn in diesen „dialektischen Umkehrungen“: u.a.: „Wissen ist ein Instrument der Unterdrueckung“ (Adornos Geschwafel hat ihn zuletzt selbst von seinen Linken entzweit). Hegel konnte nur mit Hilfe der Dialektik seine Ideen beschreiben, die Linken stellten sie auf den Kopf, und die FS dann nochmals. Rand konnte endlich den Kreis schliessen und als einzige sogar die Moral als Leistung der Vernunft beweisen, woran selbst Kant gescheitert ist.

      • Was ist die „FS“?
        „Wissen ist ein Instrument der Unterdrueckung“ Das ist doch keine dialektische Umkehrung, sonder eine ganz simple Volksweisheit: „Wissen ist Macht“ Wenn das nicht so wäre, würden wohl die Tiere über uns herrschen. Jedem Kartenspieler, dem es gelingt, heimlich in die Karten seines Kontrahenten zu blicken, wird am Ende das Abends als der strahlende Sieger dastehen.
        Vielleicht werde ich mich doch mal mit Frau Rand beschäftigen. Gibt es einen Tipp für einen kurzen Grundlagentext?

      • Ich muss Ihnen leider wieder den Vorwurf machen, dass Sie scheinbar nur oberflaechlich lesen, das ist hinderlich fuer philosophische Betrachtungen und versperrt die Sicht:
        Natuerlich ist Wissen „Macht“ – aber kein „Instrument der UNTERDRUECKUNG“. Im Gegenteil,es ist doch eher ein Instrument der Befreiung, der Emanzipation – oder hat Sie Ihre Bildung unterdrueckt?

      • FS ist die Frankfurter Schule, die Denk-konzepte von Adorno, Horkheimer, Habermas usw.

        Ayn Rand:
        „Philosophy: Who needs it“ waere der perfekte Einstieg. Fragen Sie nach einer deutschen Uebersetzung. (Habe alle Titel von ihr nur in Englisch).
        Hier ein kurzer Abriss ihrer Philosophie:

        DER OBJEKTIVISMUS

    • Hallo, freut uns wieder von Ihnen zu lesen.
      Vielen Dank für den interessanten Link. Was ich bedauere ist, dass man auf einigen Blogs zwar gebildete und belesene Menschen trifft, die aber dann mit ungelehrten Einlagen zu Ende entäuschen. Ich habe dafür immer weniger Verständnis und Geduld. Z.B.

      „Unser Gehirn erlaubt etwas mehr an Einblick in die Realität als das Gehirn des Hundes – aber welcher Albernheit ist es, zu glauben, wir könnten alles verstehen! Welche dumme Hybris.“
      Wir sind also geistig „etwas“ über einem Hund, DAS ist albern! Ebenso denkt kein vernünftiger Mensch alles zu verstehen.

      „Da lachen sozusagen die Hühner. Die ja auch ihre Welt haben, in der sie alles zu verstehen meinen.“
      Federvieh hat also ein Bewusstsein und Meinungen – da lachen nicht nur die Hühner!

      Am Schluss selbstbeweihräuchert er sich damit, dass er „nichts weiss“ und nach allen Seiten offen ist. Auch Agnostiker glauben und sind uMn die wahren Heuchler.
      HG

  5. Ich war nie weg, hatte aber nichts substantielles beizutragen. Ich weiß genau was Sie meinen speziell was das kleine Zimmer angeht. Speziell auch aus eigener schlechter Erfahrung. Was aber das Denken angeht und so kenen ich noch so einen Spezialfall Frau Wagenknecht von den Grünen. Analyse stimmt, Lösung ist so weitt von einer Lösung entfernt wie die Analyse „hinkommt“. Es ist schon erstaunlich wie unfolgerichtig man denken kann oder zumindest den Anschein erweckt es nicht auf die Reihe zu bekommen.

    Ich selber fing an hier auf dem Zahnfleisch an zu kriechen:
    „Die Basis jeder Religion ist die Bereitschaft, etwas als wahr zu akzeptieren, weil es gesellschaftlich gültig ist.“

    Was für eine Irrsinn. Oder auch: „Wenn Religion zur Privatsache wird, dann hört sie im Grunde auf, Religion zu sein.“

    Unfassbar. Das ist einer der fürchterlichsten Einträge, die ich je über Glauben etc gelesen haben. Es geht so aberwitzig zu, daß man Monty Python vermuten sollte/müsste, so Kategorie schwarher Ritter oder wie hieß noch diese Befreiungsfront?

    Soviel ausgemachter Unfug in so ein paar Zeilen, wer will mir übel nehmen, daß ich an Sarkasmus denken mußte?

    • Lieber FDominicus,
      Danke für Ihre Replik. Seit dem traurigen Ableben von Susanne, bleiben Sie einer der wenigen Besucher mit denen ein rationaler Dialog möglich ist. Mit „form7“ (oder („M7“) hatten wir erfreuliche Dialoge, nicht immer eye-to-eye, aber respektvoll und intelligent. Jetzt verfällt er zunehmend in die Ideologie der links-grün-bunten Agenda. Link: [https://form7.wordpress.com/] durch M7 sind wir auf die „Neue Debatte“ gelandet. Link: [https://neue-debatte.com/2018/07/15/neoliberaler-faschismus/] Wir haben versucht auf die Antikapitalistischen Hass-Tiraden cool zu kommentieren, werden aber auch dort nicht mehr freigeschaltet. Diesen faschistischen Zügen geifernder Antifaschisten begegnet man in vielen Texten. Das traurige ist, dass es eben von einer Generation kommt, von denen man ein gelehrteres Verhalten erwartet.

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