BILDUNG LESEN WISSEN

Eine Menge gespeichertes Wissen ist eine feine Sache, solange der Geist es erlaubt, die richtigen Teile zu den richtigen Bildern zusammenzufügen und solange er die Bildung von Axiomen erlaubt und Kausalitäten erkennen lässt.

Mann kann sich schon wundern, wie vielen der gebildeten Menschen es schwerfällt sich vernünftig zu äußern, zu artikulieren und Vorgänge verständlich zu erklären. Wie kommt es, dass Akademiker und Studierte mit enormem Wissen und technischen Fähigkeiten sehr oft bei öffentlichen Auftritten versagen; aber auch als Autoren in ihren Werken demonstrieren, dass sie Zusammenhänge nicht sehen, oder korrekt zu verknüpfen vermögen.

Bei öffentlichen Reden, Interviews, Talk-Shows oder impromptu-Fragen der Medien, enthüllen Politiker und andere Persönlichkeiten, ihre Unfähigkeit sich so zu artikulieren, wie es ihrer höheren Bildung angemessen wäre. Ihr Geist ist ein Lexikon von angelesenem Wissen, der Informationen nur nach perzeptiven Eindrücken ordnet. Ideologie, Emotionen und angelerntes Verhalten verhindert aber Abstraktionen und rationale Schlussfolgerungen.

Historische Fakten, Ereignisse, Formeln und Texte lassen sich bequem und in Kürze aus dem Internet, Bibliotheken oder Archiven entnehmen. Gespeicherte „Wissensfragmente“ besitzen einen gewissen Wert bei Prüfungen, bei der Manipulation von Untergebenen und in Quiz-Shows. Sie erweisen sich als wertlos für die Verarbeitung der Geschichte, für die Interpretation gegenwärtiger Vorgänge und konzeptueller Planung.

Politiker sind besonders anfällig für die kognitive Dissonanz ihrer Aussagen. Die Gründe liegen in ihrer Abhängigkeit vom Populismus und dem „öffentlichem Gemüt“, aber auch in ihrer Unfähigkeit, Gelerntes und Gelesenes zu verarbeiten.

Ein bekannter Autor hat dies schon vor längerer Zeit eloquent beschrieben. Hier das volle Zitat:

„Es gibt Menschen, die unendlich viel “lesen” und die ich doch nicht als belesen bezeichnen möchte. Sie besitzen freilich eine Unmenge von Wissen, allein ihr Gehirn versteht nicht, eine Einteilung und Registratur dieses in sich aufgenommenen Material durchzuführen. Es fehlt ihnen die Kunst, das Wertvolle vom Wertlosen zu sondern…(und) keinen wertlosen Ballast mitzuschleppen. Lesen soll in erster Linie mithelfen den Rahmen zu füllen, den Veranlagung und Befähigung jedem ziehen; mithin soll es Werkzeuge und Baustoffe liefern, die der einzelne zu seiner Berufung oder Bestimmung benötigt.
In beiden Fällen ist es aber nötig, dass der Inhalt des Gelesenen nicht in der Reihenfolge der Bücher zur Aufbewahrung übergeben wird, sondern als Mosaikstein in dem allgemeinen Weltbild seinen Platz an der ihm zukommenden Stelle erhält und so mithilft, dieses Bild im Kopf des Lesers zu formen.

Im anderen Fall entsteht ein wirres Durcheinander von eingelerntem Zeug, das ebenso wertlos ist, wie es andererseits den unglücklichen Besitzer eingebildet macht und er nun wirklich denkt gebildet zu sein, vom Leben etwas zu verstehen, Kenntnisse zu besitzen, während er mit jedem neuen Zuwachs dieser „Bildung“ in Wahrheit der Welt sich mehr und mehr entfremdet, bis er nicht selten entweder in einem Sanatorium, oder als Politiker in einem Parlament endet“.

16 Gedanken zu „BILDUNG LESEN WISSEN

  1. „Ihr Geist ist ein Lexikon von angelesenem Wissen, der Informationen nur nach perzeptiven Eindrücken ordnet. Ideologie, Emotionen und angelerntes Verhalten verhindert aber Abstraktionen und rationale Schlussfolgerungen.“

    Meine Erachtens wäre hier die Frage angebracht muß/soll das so sein? Ihre Argumentation setzt voraus das rationales Verhalten wünschenswert wäre. Ich bezweifele sehr stark, daß es darum in der Politik geht.

    Und gerade auch in Teilen der Wissenschaften geht es m.E. immer weniger um Erkenntnisse. (Diese Kritik kommt nicht von mir allein sondern wird m.E. massiv von Ihnen aber auch https://sciencefiles.org/ behandelt) Ganz speziell nahelege möchte ich Ihnen diese PDV Datei: https://sciencefiles.files.wordpress.com/2016/01/wissenschaft-und-liberalismus.pdf

    Stellen wir die Hypothese auf es geht gar nicht um Rationalität und Erkenntnisgewinn, dann fällt Ihre Argumentation zusammen.

    Meine konkrete Gegenfrage ist. Wenn es um Rationalität ginge, warum nimmt man nicht Lehren aus der Geschichte an. Noch konkreter welche Rationalität unterstellen Sie bei dem Versuche sagen wir mal Schulden mit noch mehr Schulden zu bezahlen?

    Gerade auf den Sciencefiles aber auch bei Anderen wird ganz speziell nach dem Erkenntnisgewinn durch Gender-(was-auch-immer) gestellt. Der andere große Bereich wo man man sehr fragen kann geht es um Erkenntnisgewinn oder nicht ist die „angeblich“ feststehende Tatsache eines menschengemachten Klimawandels. Wie genau schlagen Sie vor kann man diese Thesen falsifizieren (theoretisch und praktisch)? Ist nicht gerade die Erdgeschichte von massiven Klimaänderungen geprägt. Ist nicht gerade unser heutiger Stand der Abfall einer Jahrmillionen. Ist nicht O2 ein Abfallprodukt von ehemals vorherrschenden Stoffwechseln gewesen und auch heute noch als Abfallprodukt der Photosynthese. Die genau was braucht um überhaupt funktionieren zu können? Man stelle sich mal vor, in der Zeit als es kein Sauerstoff gab hätte es ein Statut gegeben den Sauerstoffgehalt nicht über 10 % anzustreben….

    Und wie rational soll es sein mir weiß zu machen, eine 2° C Klimaerwärmung zum vorindustriellen Zeitalter wäre durch menschliche Eingriffe machbar? Es geht nicht um Rationalität es geht um Glauben …. Es geht um die Ausübung von Macht und dabei braucht man Rationalität am Allerwenigsten…

    • Hallo FDominicus,
      Ihre selbstbeantwortete Fragen „nehmen uns den Text vom Papier“.
      Politik kümmert nur die Massen, deren gefühls-basierendes Agieren/Reagieren von Montesquieu bis Le Bon eingehend beschrieben wurde. Sie haben – die Geschichte hat – bewiesen, dass der vernünftige Politiker im parlamentarischen System nicht überlebt.
      Aber unser Essay ist nur eine kleine Betrachtung einiger Teile des Problems – die generelle „Regel“ sollte nicht besagen, dass es nicht möglich wäre, dem Volk einige vernünftige Lösungen, sagen wir, „unterzujubeln“. Die Vernunft ist das wertvollste menschliche Prädikat, und ich hoffe, dass wir sie solange über Wasser halten können, bis sie sich irgendwann mal wieder selbst befreit.

      • Wg. „sciencefiles“:
        Eine zeitlang waren wir regelmäßige Leser/Kommentatoren. Unattraktiv fanden wir die sofort folgenden konzertierten Reaktionen des Duos Diefenbach/Klein, die sich bei Einwänden zunächst herablassend, bei erneutem Widerspruch hysterisch auf den ketzerischen Besucher stürzen. Zeigen Sie kleine Fehler in deren Schlüssen auf, und Sie befinden sich in einer unnachgiebigen, unwürdigen Debatte.
        Über allem seltsam und (unvereinbar mit moderner Logik) ist ihre Verbundenheit mit Kants überholtem KI. „Wissenschaftler“, die bei Kant (als dem „Zerstörer der Vernunft“, Rand) stehengeblieben sind, haben mitnichten unser volles geistiges Vertrauen. Blinde Anwendung der deontologischen Ethik aus dem KI ist für eine vernünftige Gesellschaft Inakzeptabel. Diefenbach/Klein schreiben überaus viel, manchmal viellecht ZU viel, um die Übersicht über alle ihre eigenen Gedanken zu behalten.

  2. „Die Vernunft ist das wertvollste menschliche Prädikat, und ich hoffe, dass wir sie solange über Wasser halten können, bis sie sich irgendwann mal wieder selbst befreit.“

    Das habe ich meinen Kollegen auch schon erzählt. Sie haben durchaus auch recht mit den Sachen auf sciencefiles. Nur ändert es ja nichts an dem grundsätzlichen Bestrebungen rationel und wissenschaftlich vorzugehen.

    Ich denke was die Wertschätzung für Vernunft angeht sehen wir einen ähnliche hohen Stellenwert. Es scheint aber die Vernunft verhält sich reziprok proportional zu einer Menge von Menschen. Ab einer gewissen Größe scheint die Vernunft völlig unterzugehen…..

    Versuchen Sie mal einem in einem bestimmten Klientel eine rationale Vorgehensweise zu fordern indem Sie Sie ruhig mit ein paar Worten provozieren. Man lernt schnell was Ausgrenzung bzw. „ziehen in einer Masse“ ausmacht.

    Folgendes Experiment können Sie ja „mal angehen“. In einem sozialistisch geprägten Umfeld lassen Sie den Begriff Chavez, Venezuela und Versagen fallen. Viel GlücK …..

    Oder stellen Sie dar wie Geld in die Welt kommt und wieso der damit verbundene Betrug staatliche sanktioniert wird. Ich denke, Ihnen vielen das auch andere Ideen ein. Wenn Sie mal eine versuchten, lassen Sie uns bitte die Ergebnisse zukommen. Ich kann Ihnen da soviel Glück von Herzen wünschen wie mir möglich ist – Sie werden es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht haben

    • In dieser Beziehung, hat mich das Glück längst verlassen. Die Art der Bildung (auf welche dieses Essay hinweist) verhindert sachliche Dialoge und verursacht rein Ideologische Debatten, denen wir uns generell entziehen. Zur generellen politischen Korrektheit kommt in Deutschland natürlich noch das ganze Repertoire der rechten Begriffs-Keulen.

      „Es scheint aber die Vernunft verhält sich reziprok proportional zu einer Menge von Menschen.“ Nicht nur das, besonders bemerkenswert ist folgende Feststellung von Le Bon:

      „…in der Masse gleichen sich die Menschen stets einander an, und die Abstimmung von vierzig Akademikern über allgemeine Fragen gilt nicht mehr als die von vierzig Wasserträgern.” Der Beweis sitzt in den Parlamenten.

  3. Wie wäre es, mal bei Karl Jaspers nachzulesen?
    Dann kan man sich vieles von all diesem Schietkram ersparen.

  4. alpha,

    ich glaube, lesekram wird ganz allgemein völlig überschätzt.

    das wird daran liegen, daß 99 % des gedruckten völlig überflüssig sind und von dem verbleibenden 1 % wiederum 99 % nicht in der lage sind, den gehalt wirklich zu erfassen.

    weit mehr menschen leben aber im leben und erfassen dieses aus praktischer täglicher erfahrung. das führt gelegentlich zu erstaunlicher lebensklugheit.

    grüße aus den niederungen 🙂

  5. Pingback: BILDUNG LESEN WISSEN – Pholym

  6. Ich bin in tiefer Trauer, weil ich gestern nicht die erwarteten 5000 Likes samt Jubelrufen von all den Deutschen bekommen habe, die Erfahrung mit Ämtern und Botschaften gemacht haben.
    Wenn mich scheinbar statistisch gesehen nur eine nicht meßbare Anzahl der Gebildeten und Belesenen versteht, höre ich auf und mache, was ich vitzli immer rate: einen Katzenblog.
    Oder Blümchen.

      • Wie, alle 5000 Mitglieder der Group?
        Im Ernst: wo bleibt der Skandal?
        Müßten jetzt nicht sich irgendwelche Gutmenschen darüber beschweren, daß Visafreiheit für deutsch-ausländische Paare rassistisch ist, denn was ist mit ausländisch-ausländischen Paaren?
        Was mit denen ist, ist klar: die durften schon vor 7 Jahren zusammenziehen, und zwar HIER. Also, In Deutschland, nicht dort, wo Sie sind. 🙂

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